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Michael Collins

Irish Leader

(1890 – 1922)

 

 

  In Search of Michael Collins

 

Wieder Clonakilty, Co. Cork. Jedes Jahr zieht es uns hierher, in den kleinen beschaulichen Ort, eingebettet zwischen sanften grünen Hügeln, durchzogen von einem schmalen , gewundenen  Flüsschen.  Unser Ferienhaus liegt ein wenig über dem Ort und beschert uns eine atemberaubende Sicht. Der blaue, endlos hohe Himmel ist gesprenkelt mit weißen Wolken die gemächlich in Richtung Meer ziehen. Ganz klein sieht die katholische Kathedrale mit ihren grauen, vom Alter schon ausgewaschenen Steinen aus. Sie ist von üppigen Bäumen und adretten Häusern umstanden, die in der nachmittäglichen Sonne glänzen.

Wie so oft, hatte es einen Regenguss gegeben. Kurz und heftig. Das ist das Besondere an Irland: Die Farben nach einem solchen Guss, wenn die Sonne wieder scheint.  Alle Facetten des Regenbogens blinken und blitzen überall. In den Pfützen, auf dem nassen Teer der Straßen, auf den Mauern und Wänden, selbst in den Scheiben der vorbeifahrenden Wagen.

 

 

Clonakitly hat viele Kirchen. Jede Religionsgemeinschaft scheint hier irgendwann ein Gotteshaus gebaut zu haben. Eine der Kirchen ist heute das Postamt des Ortes. Unheilige Nutzung, aber die Gläubigen scheinen nicht mehr gekommen zu sein, ihren Gott anzubeten und niemand stört sich heute an Briefen und Paketen wo einst Altar und Kanzel standen.

 

Wir entschließen uns zu einem Gang durch den Ort, folgen der schmalen Straße hinunter zum Emmet Square. Hinreißend ist dieser fast quadratische Platz, umsäumt von  georgianischen Stadthäusern mit ihren typischen Eingängen  Jeder  kennt sie, die phantasievollen, buntlackierten  Haustüren. Wie eine farbige Perlenkette reihen sie sich rund um den Platz auf, ein Farbtupfer in jeder Fassade.

Ein erstaunlich ausladende Brücke am Ende des Platzes führt über den schmalen Fluss hinüber zur katholischen Kathedrale.  Beim Überqueren der Brücke stoßen wir auf eine imposante, aus Bronze gegossene Statue. Clonakitly, die Heimatstadt,  hat hier Michael Collins, einem der  größten Söhne Irlands,  ein würdiges Denkmal gesetzt. Im  Ort stößt man überall auf  seine Spuren. Gedenktafeln an den Häusern – an O'Donovan's Hotel  “ A regular visitor to O'Donovan's Hotel he gave many an oration from the first floor window and from in front of the main door.” ( aus der Homepage des Hotels)   und am Haus gleich am Eingang des  Emmet Square wo er 2 Jahre als Kind gelebt hatte –Bücher über ihn und  Bilder, die ihn in der Uniform eines Generals der Irish Free State Army zeigen in den Auslagen vieler Geschäfte. Wir sind neugierig geworden und kaufen uns „Michael Collins – The Man Who Won The War.“ von T. Ryle Dwyer.

Für uns nicht in Irland geborene ist die irische Geschichte des frühen 20igsten Jahrhunderts, wenn wir je etwas darüber gelesen haben, ein wildes Durcheinander aus Konflikten zwischen Gruppierungen im Land und dem Kampf gegen die britischen Besatzer. Ein fast undurchdringliches Gestrüpp aus Fakten und Daten.

Aber Michael Collins ist interessant, zieht einen schnell in seinen Bann. Ein Leben wie ein spannender Film. Ein Mann, glaubt man den Fotographien, wie aus dem Bilderbuch. 1,80 m groß, attraktiv, charismatisch, „a great leader“. Es gibt eine Aufnahme der irischen Delegation, die unmittelbar nach der Unterzeichnung des „Anglo-irischen Vertrages“ im Jahr 1921 gemacht wurde. Im Zentrum Michael Collins, der zwischen den anderen Männern erstaunlich modern wirkt. Irgendwie ahnt man zwar in seinem Gesicht die Anstrengungen der vergangenen Monate, aber in diesem kurzen Moment wirkt er entspannt. Die Haare noch ein wenig zerzaust, nonchalant auf der Lehne eines Sessels sitzend liegt seine linke Hand lässig im Schoß. Er lächelt den Betrachter unvermittelt an, so als wollte er ihn für sich und seine Sache gewinnen.

Wer war er, von dem man sagt, er habe der damals mächtigsten Nation der Erde die Stirn geboten und sie am Ende in die Knie gezwungen?

 

Michael Collins, a beloved Irish hero

Michael Collins wurde am 16.10.1890 in Woodfield, einer kleinen Ansiedlung neben Sams Cross  geboren. (Folgt man von Clonakilty aus der N71 in Richtung Skibbereen, liegt sein Geburtshaus nur 2 Meilen von Clonakilty entfernt und ist leicht zu finden . Etwa in Höhe von Lissavaird biegt man rechterhand ab und folgt dann den braunen Hinweisschildern „Birth Place of Gen. Michael Collins“.) Heute kann man leider nur noch die Ruinen des Hauses besichtigen, das 1920 während der Auseinandersetzungen mit den Briten der blinden Zerstörungswut von den sog. „Black and Tans“ (einer bunt zusammengewürfelten britischen Truppe aus entlassenen Sträflingen und ehemaligen Soldaten des 1. Weltkrieges) zum Opfer fiel.  Trotzdem entbehrt der Ort mit seinen hohen, bizarren Bäumen, den hell gekiesten Wegen und der charmanten Collins-Büste am Eingang nicht einer gewissen Faszination.

Michael Collins besuchte die nahegelegen Schule in Lissavaird und dann die in Clonakity. Neun Jahre lang lebte er anschließend mit seiner Schwester Hannie in London, wo er auch für das englische Postoffce arbeitet.

Erste Bedeutung erlangte Michael Collins im berühmten „Easter Rising“ von 1916, einem zwar vergeblichen, aber sehr couragierten Versuch der Iren, durch offene Straßenkämpfe in Dublin, das englische Joch abzuschütteln. Der Aufstand endete in einem völligen Desaster und kostet nicht nur  mehreren Anführern das Leben durch die Erschiessungskommandos der Engländer, sondern bedeutete für viele Teilnehmer längere Gefangenschaft in britischen Lagern. Collins wurde, zusammen mit den meisten Rebellen, in Frongoch/ Wales interniert, knüpfte entscheidende Kontakte zu Mitkämpfern und entwickelte sich hier zum „leader“ im folgenden Unabhängigkeitskrieg. Lakonisch bezeichnete er Frongoch später als eine „Universität für den Freiheitskampf“.

Collins war ein genialer Organisator mit dem ausgesprochenen Sinn das Richtige zum richtigen Zeitpunkt zu tun. Ein Pragmatiker, den Irland bisher schmerzlich vermisst hatte, ein Mann der die Briten mit ihren eigenen Waffen schlagen würde.

In ihm vereinigten sich sowohl physische wie intellektuelle Fähigkeiten, die ihn zum Idealbild eines Freiheitskämpfers machten. ( Chrissi Osborne, „Michael Collins - Himself“). „ He was brave, handsome, charming, ruthless, courageous, charismatic – a great Leader. And they tell us that he was cruel, calculating ……….” / Eoghan Harris in der Dokumentation „The Shadow of Beal na mBlath“ von Colm Connolly) Er war selbstbewusst und verfügte über ein freundliches, wenn auch zuweilen etwas sprunghaftes Wesen. Letzteres und die Tatsache, dass er im Lauf der Zeit zu einer Lichtgestalt der Revolution wurde, brachte ihm in seiner Laufbahn einige mächtige Feinde ein. Einer von ihnen war Eamon de Valera, der nach dem Tod Michaels über 40 Jahre als Primeminister das Geschick Irlands bestimmte.

 

Crown Jewels for Ireland 

Collins Aufstieg in dem sich zaghaft bildenden, unabhängigem  irischen Staat war unaufhaltsam. Schon 1919 hatte Collins viele Rollen und Aufgaben zu erfüllen. Anführer der IRB (Irish Republican Brotherhood) , Gründer und Leiter des  Geheimdienstes der IRA, militärischer Organisator der Irish Republican Army und „Minister of Finance.“ Als letzterer erhob er eine nationale Anleihe derart erfolgreich, dass Lenin eine Deportation nach Irland sandte, um Geld für die junge Russische Republik zu leihen. Als Gegenleistung wurden einige der russischen Kronjuwelen angeboten – die Juwelen blieben übrigens bis in die 30iger Jahre in einem Dubliner Safe und wurden dort nur durch Zufall entdeckt.

In der Retrospektive war seine Arbeitsbelastung und das was er erreichte enorm. Er entwickelte die Kampftaktik des Guerillakrieges mit einer Konsequenz und  Effektivität, die einem Respekt abverlangt, er schuf ein Spionagenetz , das in letzter Konsequenz zum Fall der britischen Besatzer führte. Britische Spione oder deren Handlanger wurden rücksichtslos liquidiert, meist durch Michael Collins´s  „Squad“,  in der Bevölkerung als „the twelve Apostles“ bekannt. Diese bestanden aus jungen, patriotischen  Iren, die so als Soldaten im Freiheitskampf gegen England kämpften. Die Erschießung der britischen Spione erfolgt nie ohne Vorwarnung. Erst wenn diese missachtet wurde, handelten die Männer Collins. Während des Freiheitskrieges kam es nie zu willkürlichen Erschießungen. Selbst die Vorgänge des 21.11.1920, bekannt als der „first bloody sunday“ in der Geschichte Irlands, hatte nichts von einem wilden Gemetzel an sich, wie es bald unterstellt wurde. ( „Bloody Sunday“ von James Gleeson)

Die Bezeichnung von Collins als „Vater des Terrors“, mit dem er in späteren Jahren – vor allem im Ausland -  bedacht wurde, zeugt eher von einem falschen Verständnis des Mannes und seiner Motive. Erfüllt von einer tiefen Liebe zu seinem Land, begabt mit hohem Intellekt, beachtlichem Pragmatismus und einem  Organisationstalent das an Genialität grenzte, war er in all den Jahren des Widerstandskampfes gegen die Briten, der erste ernstzunehmende Gegner. Er fasste die Kräfte zusammen und formte einen geordneten Kampf. Mit einer in Irland bisher nicht existierenden Präzision, gelang es ihm den Gegner an den entscheidenden Stellen zu schwächen und schließlich an den Verhandlungstisch zu zwingen.

1920, nur 30 Jahre alt, war Michael Collins einer der „most wanted“ Irlands, auf dessen Kopf 10.000 brit. Pfund – damals ein Vermögen- ausgesetzt waren. Die Briten waren trotz enormer Anstrengungen nicht in der Lage seiner habhaft zu werden. So wurde der „Big Fella“, wie er mittlerweile in der Bevölkerung genannt wurde,  eine idealisierte fast legendäre Figur in Irland und England. Berühmt wurden vor allem seine Touren durch das besetzte Dublin mit dem Fahrrad, auf denen es ihm gelang unerkannt durch die Kontrollen in der Stadt zu schlüpfen. Auch in der zunehmenden Zahl von Razzien gelang ihm stets die Flucht, wenn auch oft genug um Haaresbreite.

 

I have signed my death warrant

 

 

Um die zunehmend gewalttätigeren Auseinandersetzungen zu beenden, kam es im Juli 1921 zu Friedenverhandlungen mit der britischen Regierung unter Lloyd George (PM). Unter dem Druck Eamon de Valeras nahm Michael Collins als Vertreter Irlands – allerdings  gegen seinen eigenen ausdrücklichen Wunsch  -  in entscheidender Rolle teil. „ Michael had grave misgivings about his abilities as a negotiator and moved heaven and earth to get out of this assignment; but de Valera was adamant. In the end Michael caved in, and said that he was going to London ´as a soldier obeying his commanding officer´“ ( Michael Collins – A Life von James Mackay, S.214) Während der Verhandlungen wurde klar, dass England niemals einen  völlig freien irischen Staat akzeptieren würde, lediglich eine Art  „Dominionstatus“. In dem Glauben, dass bei einer Ablehnung der Krieg wieder aufleben und dies zu einer schnellen Niederlage Irlands führen würde, sah sich die irische Delegation gezwungen dem zuzustimmen, um größeren Schaden abzuwenden. Die Vertragsunterzeichnung fand am 06.12.1921 statt. 

Dass dieser Vertrag keine Seite befriedigen würde, war vom ersten Moment an klar. Eamon de Valera, als gewiefter Diplomat, hatte das auch genau so vorausgesehen und ging nun seinerseits auf Konfrontationskurs gegen den ausgehandelten „Treaty“. War dies doch auch eine ausgezeichnete Möglichkeit sich des Gegners Collins zu entledigen. Zwar kam es am 07.1.1922 zu einer Ratifizierung durch das Irische Parlament ( Dail Eireann), aber die Fronten   zwischen den Parteien schienen unüberwindlich.   

Prophetisch schrieb Michel Collins an einen Freund: „ I have signed my death warrant“. Die Gräben zogen sich durch die ganze irische Gesellschaft.

Als sich die Briten aus dem Süden Irlands zurückzogen, tat Collins sein Bestes um die Ordnung aufrecht zuhalten und den unterschrieben Vertrag einzuhalten. Dies gestaltete sich allerdings äußerst schwierig. Verzweifelt versuchte er einen für beide Seiten annehmbaren Kompromiss zu finden. In den letzten Tagen des Juni 1922, nachdem die irische Bevölkerung den Vertrag durch eine Abstimmung unterstützt  hatte, gab es keine andere Möglichkeit mehr für ihn, als den Gegnern mit militärischen Mitteln zu begegnen. Ein bitterer Bürgerkrieg entbrannte zwischen den Befürwortern und den Gegnern des Vertrages.

 

 

Collins and the women in his life

 

Frauen spielten im Leben Michael Collins eine wichtige Rolle: als Spione, als Zwischenträger von Informationen und als Waffenschmuggler. Nicht zu vergessen all die Witwen gefallener Kameraden und die Mütter der Mitkämpfer, die Collins in den Jahren der Flucht, oft unter Einsatz ihres Lebens Obdach und Schutz boten. Ohne diese Frauen wäre es nicht möglich gewesen, den Kampf im Untergrund zu führen. ( “ Michael Collins – the woman who spied for Ireland” von Meda Ryan)

Zwei Frauen sind mit der Erinnerung an den Mann und Geliebten Michael Collins verbunden – Kitty Kiernan und Lady Hazel Lavery. Kitty Kiernan, einer Wirtstochter aus Granard, fiel es lange Zeit schwer sich  zwischen Harry Boland ( Freiheitskämpfer 1887 – 1922) und Michael zu entscheiden. Mit Collins aufsteigendem Stern wandte sich dann auch das Herz Kitty´s Michael zu und die Verlobung fand im März 1922 statt. Kitty war eine pragmatische, energische Frau mit spitzer Zunge und dem rustikalen Charme einer Dorfschönheit. Optimale Zutaten für das Bild der „irischen Frau“ an der Seite des sagenumwobenen Rebellenführers, das die Öffentlichkeit des damaligen Irlands schätzte. Michael Cronan, ihr jüngster Sohn, beschrieb sie allerdings so : „ He said that his mother was not an easy person to live with, possessing a quick temper and a sharp tongue. She also was very witty and assertive.....“

( Chrissy Osborne, “Michael Collins - Himself”, S. 74) Zwei mal verschob Michael die geplante Hochzeit. Nach seiner Ermordung dauerte es nicht mehr als 2 Jahre bis Kitty wieder eine neue Liebe fand und mit Felix Cronan eine Familien gründete. Sie starb im Juli 1945 .

Ihr Hauptverdienst ist es, dass sie die Briefe Michael Collins, die er in der Zeit der Verhandlungen in London an sie geschrieben hatte, sorgsam verwahrte. Die Sammlung ist uns in dem Buch „In great haste“ heute zugänglich. In Ihnen wird das Bild eines Mannes lebendig, der alles für die Freiheit seines Landes gibt. Letztlich sein eigenes Leben. Die Briefe sind oftmals nur kurze Noten, in denen aber die ganze Seelenqual eines fast unter der Last der Verantwortung zusammenbrechenden Mannes offenbar wird. Erschütternde Dokumente, die immer wieder im Kontrast zu den netten Belanglosigkeiten in Kitty´s Briefen stehen.  Für Michael waren diese sicher immer wieder ein willkommener Ausflug in die Normalität.

Lady Hazel Lavery  ( ihr Bild schmückte bis zur Einführung des Euro die irische Pfund Note) war eine Highsociety Schönheit aus London  mit irischen Wurzeln. Verheiratet und 10 Jahre älter als Michael, wirkte sie dennoch wie eine junge Frau. Sie war äußerst charmant , von bestrickendem Wesen und ihm offenbar in Liebe zugetan. Michael hatte sie bereits 1913 bei Theaterbesuchen mit seiner Schwester Hannie in London kennen gelernt. Der Salon Hazels war für Michael, geboren als Sohn eines Farmers, ein gutes Terrain, das Leben der Highsociety kennen zu lernen. Schnell wurde den beiden eine Affäre unterstellt. Ob es diese je  gegeben hat, wird nie mehr geklärt werden. Wie immer, wenn es darum geht den wirklichen Michael Collins zu finden, hat er seine Spuren geschickt verwischt. Irgendwie fühlt man sich dann wie einer seiner Verfolger damals in Dublin, denen er immer trickreich entkommen ist, gleich einem Phantom.  

Sicher ist, dass Hazel und Michael eine starke Seelenverwandtschaft verband. Michael war ein Mensch, der die schönen Dinge im Leben und die Poesie liebte. Während er gegen Ende seines Lebens nur noch wenig Zeit fand an seine Verlobte zu schreiben, verfasste er für Hazel seitenlange Gedichte.

Interessant ist die Rolle Lady Laverys während der  „Treaty“ Verhandlungen in London. Wiederholt  brachte sie Michael Collins, Winston Churchill und andere Teilnehmer der britischen Seite, im privaten Kreis zusammen.  Wie viel durch diese Zusammentreffen erreicht wurde ist nicht geklärt. Die Einschätzung dieser Treffen in der Literatur geht von „völlig unwichtig“ bis zu „Grundlage für das Abkommen“. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich und wie immer in der Mitte. Aber hier machten sich die damaligen  „Befindlichkeiten“, resultierend aus den Animositäten der beiden Völker,  bemerkbar und eine objektive Einschätzung wird vielleicht erst ein Biograph in der Zukunft bringen.

An dem Tag, als Michael Collins getötet wurde, trug er ein mit einem Gedicht umwickeltes Miniaturbild Hazels bei sich. Die blutgetränkten Stücke  und einen ihrer Briefe fand man in seiner Uniform. ( „Hazel - A life of Lady Lavery“ von Sinead McCoole)

Death in Beal na mBlath

In einem der  Bücher habe ich ein Bild von ihm entdeckt. Ein wenig unscharf ist es und verblichen.  Aber es zeigt den Menschen Michael Collins kurz vor seinem Tod. Er sieht angespannt in die Kamera, die unerträgliche Belastung und Anstrengung ist ihm anzumerken. Seine Hand ist am Revolver, nach dem er automatisch bei dem Klickgeräusch des Auslösers greift. Die Aufnahme stammt aus Skibbereen. Wie von einer Todesahnung beseelt, besuchte er am letzten Tag seines Lebens noch einmal die Stätten seiner Kindheit und Jugend. Wir beschließen nach Bael na mBlath zu fahren.

Mit unserem Auto unterwegs, sind wir hinter Bandon in Richtung Crookstown abgebogen. Langsam windet sich unser Wagen durch die engen Kurven in Richtung Norden. Wie muss das vor 85 Jahren gewesen sein, denke ich. Da war hier nichts geteert, nur Schotter und Staub. Der August damals war regnerisch und unbeständig. Wie hat sich der Konvoi aus den behäbigen Fahrzeugen, in seiner Mitte der Leyland von Michael Collins, seinen Weg gebahnt? Ortsunkundig musste man öfter anhalten und bei Einheimischen nach dem richtigen Weg  nach Crookstown fragen. Hat sich hier schon die Kunde von Michaels Anwesenheit verbreitet, sein Mörder letzte Informationen erhalten?

Heute hilft uns ein braunes Hinweisschild, noch mit der alten Meilenangabe, durch das verwirrende Labyrint der Wege. Endlich fahren wir in das enge Tal ein. Optimaler Ort für einen Hinterhalt. Ideal für den Angriff auf die frei daliegende Straße.

Und dann sind wir da. Nach einer Wegbiegung stoßen wir völlig unvermittelt auf das Memorial, das die Iren ihrem toten Helden schon 1924 errichtet haben. Ein vorne rechteckiger, roter Bau, der ein wuchtiges, graues Kreuz in seiner Mitte trägt. Eingefasst wird er von einem kunstvoll geschmiedeten Gitter, in das schöne goldene Verzierungen gefügt sind. Schlicht steht es da, das steingewordene Andenken an Irlands lost leader. Wie viele Hoffnungen haben hier ihr Ende gefunden.

Wir gehen zum Memorial hinüber und steigen die wenigen Stufen zum Kreuz hinauf. Eine kleine Tafel beschreibt die Geschehnisse des 22.08.1922. Schwarzweiße Fotos, ein schwarzes Kreuz markiert die Stelle an der Michael sein Leben verlor.  Unwillkürlich gleitet der Blick hinauf zu der Anhöhe. Irgendwie beschleicht mich ein unheimliches Gefühl. Wo waren die Heckenschützen versteckt? Woher haben sie geschossen? War es Zufall, dass sie Michael Collins getötet haben, ein verirrter Schuss oder war es doch einer aus dem Konvoi, der letztendlich die Seiten gewechselt hat. Ein britischer Spion im eigenen Lager? Die Mutmaßungen nach seinem Tod waren uferlos. Bis heute ist allerdings nicht geklärt, wer der Mörder war. Und die Bestrebungen nach seiner Ermordung den Täter zu finden? Es ist schier unglaublich, dass es keine gab. („The shooting of Michael Collins“ von John M. Feehan , “The day Michael Collins was shot” von  Meda Ryan)

Wir umrunden das Kreuz und betrachten die Inschrift. Wohltuend schlicht steht da in geschwungenen Buchstaben "Micheal o Coileain" , sein gälischer Name, und der Geburts- und Todestag. Nichts sonst. Es ist die andächtige Stille eines Gotteshauses. Nichts lenkt ab, vom innigen Gedenken an den toten Helden.  Wir lassen uns Zeit und mir kommen unwillkürlich die Bilder in den Sinn, wie Michael tödlich in den Kopf getroffen zu Boden fällt, sein Gewehr noch in der Hand. Wie seine Kameraden zu ihm eilen, aber nicht mehr helfen können.

Die Unruhe, die Verzweiflung, das Rattern der Gewehre, die nun nichts mehr zu verteidigen haben.  Und dann sehe ich den kleinen, weißen mit einem schwarzen Kreuz versehenen Stein, gleich neben der Treppe zum Memorial hinauf. Ist er hier gestorben?

Beal na mBlath vermittelt eine fast mystische Stimmung, so als sei alles erst vor ganz kurzer Zeit geschehen und die Trauer  noch frisch. Vielleicht liegt es daran, dass Michael Collins im heutigen Irland so ganz besonders präsent ist. Das Land gibt ihm endlich den Platz, den er schon immer verdient hat.

Der Tod Michael Collins war für Irland ein unermesslicher Verlust in schwerer Zeit.               „ Michael Collin´s death is a terrrible blow to the Irish nation at the time it stood in greatest need of his wise an courageous guidance, but we are confident that the example of his life impressed on the people´s mind by this tragedy will raise their spirit to face difficulties in a great crisis as he faced them, and to triumph over them” (W.T. Cosgrave / “Michael Collins – the lost leader” von Margery Forester, S. 341)

Beigesetzt wurde Michael Collins unter der überwältigenden Teilnahme der Bevölkerung in Glasnevin/Dublin

( Zu erreichen ist Beal na mBlath , wenn man von Clonakilty aus die N71 in Richtung Bandon nimmt, dann links zunächst der R 589 und anschließend der R 590 nach Crookstown folgt. ).

 

 

Good luck be with you, Michael Collins,

Or stay or go you far away;

Or stay you with the folk of fairy,

Or come with ghosts another day.

Shane Leslie

 

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